Erst vorhalten, dann drücken, dann wieder vorhalten
Sport kann aufregend sein. Die Aufregung beim Schwimmsport verschafft in Hamburg eine Reihe von Automaten, die den Sportler empfangen und entlassen.
Mit einem dieser Automaten, kann man zum Beispiel bargeldlos den Eintritt zum Schwimmbad zahlen. Er steht an einem Drehkreuz, dass sich nur bewegen lässt, wenn man den Automaten dazu zuvor mit einem Plastikzahlkärtchen erweichen konnte. Theoretisch. Praktisch weiß zunächst niemand, wie das Gerät zu bedienen ist. Die Karte zum Automaten nenne ich Schwimmkarte, die im Fachjargon Multi-Card heißt. Den Automaten zur Karte nenne ich Drehkreuzautomat.
Bevor man mit der Schwimmkarte irgendetwas ausrichten kann, muss man sie zunächst an der Kasse vom Personal aufladen lassen. Das ist beim ersten Schwimmvergnügen als Neukunde kein Problem, da man sich die Karte zunächst sowieso gegen ein Pfand an der Kasse "kaufen" muss. An der Kasse lässt man die Schwimmkarte dann per Bargeld oder per EC-Cash aufladen. Besitzt man erst einmal diese Karte, könnte man diese Karte ebenso an einem Verkaufsautomaten wieder aufladen. Doch da dieser Automat noch viel komplizierter als der Drehkreuzautomat ist, wird er gar nicht erst benutzt. Ich habe zumindest in den letzten sechs Jahren noch niemanden das Ding erfolgreich benutzen sehen. Im besten Fall wagt sich jemand daran, drückt ein wenig herum, kapituliert dann aber. Das liegt vielleicht auch daran, dass er nur den Geldchip auf der EC-Karte akzeptiert (der selten geladen sein dürfte), nicht jedoch EC-Cash, was viele zunächst annehmen dürften, die sich an den Bezahlautomaten wagen. Aber meistens versucht sich erst gar niemand daran, vermutlich weil das monströse Erscheinungsbild der Maschine eher abschreckt. Aber EC-Cash gibt es eben nur an der Kasse, wo wiederum kein Geldchip akzeptiert wird. EC-Cash zahlt man natürlich mit einem weiteren kleinen Automaten, wie man ihn auch vom Kaufhaus her kennt. Das müssen Schwimmwillige auch erst einmal am Automaten durch längeres Probieren herausfinden: "Hier kein EC-Cash, der Schein trügt". Doch zurück zum Drehkreuzautomaten...
Also, die Schwimmkarte wird zunächst an der Kasse aufgeladen - per EC-Cash oder Bargeld. Ab diesem Zeitpunkt kann man mit der Karte den Drehkreuzutomaten passieren, der, wenn man ihn richtig bedient, das zunächst starre Drehkreuz zur Schwimmhalle freigibt. Ich gehe oft schwimmen. Und ich sehe oft Menschen, die mit großen Augen hilflos hinter dem Automaten hervorschauen, weil sie nicht wissen, wie das Ding zu bedienen ist. Und auch an der Reaktion der Kassiererin, die blitzschnell in Kurzform routiniert bellt: "Erst vorhalten, dann drücken, dann wieder vorhalten", erkennt man, dass diese Situation wohl häufiger vorkommt.
Der Drehkreuzautomat steht nämlich zunächst nur da. Sein Display zeigt an: "Bitte Coin einwerfen oder Multi-Card an den Leser halten". Es gibt einen Einwurfschlitz, der aussieht, als könnte man da Geld einwerfen. Kann man auch. Coin heißt ja eigentlich auch Münze, gemeint ist jedoch Chip. Beim Geldeinwurf passiert dann aber nichts, außer dass der Automat verstopft. Dieser Schlitz ist nämlich nur dazu da, einen Schwimmchip entgegenzunehmen. Schwimmchip? Ach ja, den gibt es ja auch noch. Schwimmer, die per Bargeld an der Kasse bezahlen und keine Schwimmkarte besitzen, erhalten diesen Chip. Er speichert die Ankunftszeit. Beim Betreten der Schwimmhalle benötigt man ihn... überhaupt nicht. Man geht dann nicht durch das Drehkreuz, sondern durch einen Parallelgang, direkt an der Kasse vorbei. Beim Verlassen der Halle muss man ihn jedoch in den Drehkreuzautomaten einwerfen; dort hinein, wo man normalerweise gerne Geld für den Eintritt einwerfen würde. Hat man die zuvor gezahlte Schwimmzeit von z.B. 1,5 Stunden überschritten, erkennt der Drehkreuzautomat das anhand der auf dem Schwimmchip gespeicherten Ankunftszeit und verweigert den Durchgang ("Bitte nachzahlen..."). In diesem Fall muss man nachzahlen und zwar an einem Nachzahlautomaten. Der Nachzahlautomat. Das ist der dritte Automat, dem sich Sportler stets mit argwöhnischem Blick nähern, wenn sie mal wieder überzogen haben. Auf den gehe ich hier nicht näher ein, da auch ich ihn stets meiden konnte (so sportlich bin ich dann wohl doch nicht).
Der Schwimmchip ist wie gesagt eigentlich für die Barzahler. Sie müssen digital erfasst werden. Schwimmer mit Schwimmkarte werden anhand der Karte digital erfasst. Wer jedoch unbedingt möchte, kann auch als Besitzer einer Schwimmkarte bargeldlos an der Kasse zahlen und auch auch so einen Schwimmchip bekommen, den er dann beim Verlassen in den Drehkreuzautomaten wirft. Wozu das dann nützlich ist, weiß ich nicht.
Der Drehkreuzautomat reagiert jedenfalls nur dann korrekt, wenn man ihn entweder mit einem Coin füttert (beim Verlassen), oder ihm mit der Schwimmkarte zuwinkt (beim Kommen und beim Verlassen). Man steckt die Karte also nirgendwo ein, man winkt mit ihr. Es gibt da einen gelb-blauen Bereich am Automaten, der wahrscheinlich gern übersehen wird, da er sich etwa in Kniehöhe des Sportlers befindet. Vor diesem "Auge" muss man mit der Schwimmkarte, in richtiger Geschwindigkeit und in korrektem Abstand, vorbeiwinken. Das Drehkreuz lässt sich dann jedoch noch nicht bewegen. Stattdessen ändert sich unauffällig die Automatenanzeige und es leuchtet ein Knöpfchen auf, auf dem "Buchen" steht, zumindest beim Betreten des Schwimmbads. Das Drehkreuz macht sich erst dann locker, wenn man nach dem Drücken des Knöpfchens dem Automaten schnell erneut mit der Karte zuwinkt. Dann lässt sich das Drehkreuz bewegen man kann passieren.
Beim Verlassen des Bads muss man keinen Knopf drücken, nur winken. Vorausgesetzt natürlich, man hat nicht bar gezahlt. Denn dann würde man über einen Schwimmchip verfügen, den man in den Automaten einwerfen muss. Und vorausgesetzt, man hat nicht überzogen, denn dann muss man am Nachzahlautomaten nachzahlen.
Übrigens: Oft sieht man auch Menschen, die mit der Karte immer wilder vor dem Drehkreuzautomaten herumfuchteln und schließlich der Kassiererin mit der Karte zuwinken. Die wiederum winkt dann meist die Person zu sich heran und fordert entweder Bargeld (bei "Überziehern") oder lässt einen durch eine kleine Tür neben dem Drehkreuz passieren, nachdem sie es per elektrischem Türöffner geöffnet hat. Das passiert immer dann, wenn der Automat mal wieder ausgefallen ist, also gar nicht so selten.
Den Parkplatz kann man mit dem Auto übrigens nur verlassen, wenn man seinen Parkchip am Parkplatzautomaten in der Halle entschärft. Das wird oft vergessen, was man an den immer auffälliger platzierten und größer werdenden Hinweisschildern "Parkschein-Entwerter" merkt. Denn der Automat wird oft übersehen, da er sich im zahlpflichtigen Bereich der Halle befindet, also hinter dem Drehkreuz. Beim Verlassen der Halle hat man zum Zeitpunkt des Passierens des Parkplatzautomaten bereits den Drehkreuzautomaten und eventuellen Kontakt mit dem Nachzahlautomaten im Sinn und gedanklich keinen Platz für weitere Automaten. Hat man den Parkplatzautomaten verpasst und den zahlpflichtigen Bereich bereits verlassen, muss man irgendwie wieder zurück und erneut am Drehkreuz vorbeikommen. Da hilft dann meist ein trauriger Blick zur Kasse, schätze ich. Denn die Kassiererin weiß dann gleich Bescheid und lässt ausnahmsweise kostenfrei passieren. Ich habe kein Auto und nutze daher diesen Automaten nicht. Ich glaube, ich werde mir auch kein Auto kaufen...
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