Design und UX können nicht ohne und nur selten miteinander – und im Kern dreht sich alles um die Frage "Wie grenzt sich meine Arbeit als Visual-Designer von Deine Arbeit als User-Experience-Designer ab"? Hier eine strikte Trennung zu finden ist so gut wie unmöglich. Und auch nicht nötig: Dialog heißt das Stichwort. Bessere Interfaces sind das Ergebnis.
In vielen Agenturen, wird die Designkompetenz zu spät ins Boot geholt. Meist hat der Kunde mit dem Kundenberater und auch mit dem IA oder UX-Menschen gesprochen, es wurden offene Punkte geklärt und erste Anforderungen schon festgezurrt. Meist gibt es dann das so genannte Kreativ-Briefing, eine rein interne Angelegenheit, und jetzt soll der Designer "das Ganze entsprechend hübsch machen".
Wo scheinbar schon alles geklärt ist, fangen dann die Fragen überhaupt erst an: Was ist "das Ganze" überhaupt? Eine Website, eine App, ein Log-in Formular, ein Checkout Prozess? Und was ist hübsch? Und wieso eigentlich hübsch? Das liegt ja auch im Auge des Betrachters und vielleicht ist hübsch gar nicht funktional. Und der Betrachter: Wer ist dieser Betrachter (also User) eigentlich? Und schließlich: Welcher Designer arbeitet denn schon gerne so?
Um es klar zu stellen, Designer sind keine Dekorateuere. Bei eparo geht es daher auch im Designprozess um das Warum, das Wie und das Was? Und ja, es geht auch um Ästhetik, aber nicht im Sinne von einfach "hübsch machen", sondern im Sinne einer Idee und Attraktion. Designer stellen sich dabei folgende Fragen: Was ist die Idee hinter einem Produkt, wie lässt sich das visualisieren? Was ist der Inhalt (Content), Wie sieht dieser aus? Ist die Optik passend für die User? Passt es zur Marke? Und alle diese Fragen fließen direkt in die Konzeption mit ein.
"Und jetzt noch: Einige Fragen zum Design...."Ästhetik spielt dabei eine wesentliche Rolle. Nicht umsonst sind gut gestaltete Produkte so erfolgreich. Man denke nur an die minimalistisch entworfenen Apple-Produkte von Jonathan Ive, die im Wesentlichen von den Braun-Produkten von Dieter Rams inspiriert wurden. Dabei spielt Ästhetik nicht nur die visuellen Sinne an, sondern möglichst mehrere, also beispielsweise auch Hören, Fühlen Schmecken und Fühlen. Und genau das ist der Unterschied zu "hübsch machen". Gutes Design spricht die gesamte Wahrnehmung an und schafft ein Gesamterlebnis – ebenso wie gute UX.
Um das Produkt zu verstehen, muss auch der Designer den Kunden kennen und die Anwender des Produktes. Was wollen sie, was brauchen sie? Dann erst kann er dem Ganzen eine Seele einhauchen. Wie fühlt sich das Produkt an? Was vermittelt es? Wie sieht es aus? Wie benutze ich es? Das sind nicht nur Fragen, die ein Usability Experte sich fragt, sondern das sind Fragen, die auch der Designer zusammen mit dem UXler beantworten muss.
Wer also einfach jenes Kreativ-Briefing, fertige Wireframes oder einen grob klickbaren Prototypen vorgesetzt bekommt, hat meist nur noch wenig Spielraum. Die Navigation ist horizontal oder linksbündig definiert, das Gestaltungsraster hat 5 oder 6-Spalten, etc.... Dinge wie Marke, Corpora Identity und die vielen weichen Faktoren, die für einen Gestalter und am Ende auch für Nutzer elementar sind, fehlen dabei oft völlig.
Wie ist das Bildmaterial? Wie das Logo? Was ist die Brand Experience? Und ganz Wesentlich: Kann man in der Ausarbeitung, wenn alle Maße und Positionen finale festgezurrt werden, überhaupt alle Dinge genau so platzieren, wie das Wireframe es vorsieht? Kommt der Designer spät ins Boot, ist diese Bruchstelle programmiert. In enger Zusammenarbeit zwischen Design und UX hingegen lassen sich kostspielige und nervenaufreibende Korrekturschleifen vermeiden.
Wenn ich also ein Interface gestalten soll, dass einfach zu nutzen und zu verstehen ist, und dabei auch noch für den definierten Nutzer ansprechend sein soll und Spaß machen soll, dann muss ich diesen Nutzer ebenso gut kennen, wie mein Kollege aus der UX. Da reichen keine A4 Zettel auf denen der Kunde ein Briefing geschrieben hat, und auch ein rein internes (Kreativ-)Re-Briefing greift zu kurz.
Ebenso wie UX muss auch gutes Design zunächst verstehen, wie ein Produkt funktioniert. Und das heißt: Wie seine Nutzer funktionieren. Ich zum Beispiel liebe es, diese Detektivarbeit zu machen und mich auf die Spuren meiner Aufgabe zu begeben, Geschäfte zu besuchen, das Internet zu surfen, Zeitschriften zu lesen und Bildwelten zu erstellen, um zu begreifen und Inspiration zu finden.
Für unsere Arbeit bei eparo heißt all das: Der Designer ist immer mitten im Prozess und beispielsweise auch beim ersten User-Test dabei. Und zwar bei dem User-Test wo der Status Quo abgefragt wird. Nur so wird dem Design voll und ganz bewusst, wo seine Angriffspunkte liegen, ohne das diese Informationen durch andere gefiltert werden. Denn jede Information, die nur weitergegeben wurde, sei es schriftlich oder mündlich, gibt kein komplettes Bild wieder. Kennt man hingegen die Menschen und ihre Bedürfnisse, kann man sich leichter in sie hineinversetzen, egal ob das der Kunde oder der User ist.
Alle an einem Tisch – und maximal nah am UserUnsere Designer legen daher Wert darauf, Interfaces nicht nur "hübsch" zu machen, sondern wir gehen ganzheitlich vor. Reicht das Briefing vom Kunden nicht aus, setzen wir einen Kreativ- und Konzeptions-Workshop auf, um den Kunden und die User besser zu verstehen. Oder wir gehen auch mal den Extra-Weg und besuchen die Arbeitsplätze unsere Kunden oder User, gehen in die Geschäfte etc. und verzahnen Design und UX immer mehr. Und auch bei immer mehr Kunden kommt der Erfolg dieses Vorgehens an, so dass wir zunehmend auch die Agenturen unserer Kunden beraten, um Interface-Aspekte und Design-Fragen von Beginn an aufeinander abzustimmen – ganz im Sinne der Nutzer.
Lesenwert zum Thema:
http://www.alistapart.com/articles/indefenseofeyecandy/
http://www.smashingmagazine.com/2012/08/24/the-designer-will-make-it-pretty/