Was ist zu tun, wenn die Conversion-Rate fällt, aber man einfach nicht weiß, warum? Wenn die reinen Zahlen aus der Webanalyse nicht weiterhelfen und man nicht weiß, was zu optimieren ist? Unser Gastautor Mario Hillmers, Betreiber des Analytics Blogs "GAnalyticsBlog", erklärt, dass spätestens dann auch im eCommerce qualitative Analysen erforderlich sind.
Um eine effiziente Analyse bzw. Optimierung von Webseiten zu ermöglichen und die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen, darf nicht nur das reine Zahlenwerk aus der Webanalyse (“What”) betrachtet werden, sondern das Zahlenwerk muss zudem mit einer qualitative Analyse (“Why”) der Situation bzw. der Website angereichert werden. Die Verknüpfung der Disziplinen ist in der Praxis bei der Conversion Rate Optimierung von Shops häufig noch nicht angekommen und es kommt nicht selten vor, dass beides voneinander losgelöst betrachtet wird. In diesem Artikel könnt ihr ein wenig über die Analysemethoden und deren Verknüpfung anhand von praktischen Beispielen erfahren.
Bei der ”What Analyse”, auch quantitative Analyse genannt, geht es darum, die im Webanalyse-Tool (möglicherweise auch anderen Tools) aufgelaufenen Zahlen zu analysieren und beispielsweise Optimierungspotenziale bzw. potenzielle Fehler auf der eigenen Seite zahlenmäßig zu belegen. Für die quantitative Analyse werden Webanalyse-Systeme wie z. B. Google Analytics, etracker, Webtrekk, econda usw. verwendet, für Analysen von Fehlern können zusätzlich z. B. Serverlogs herangezogen werden.
Ihr wollt eure Landing Pages optimieren, im Webanalyse System (beispielsweise Google Analytics) schaut ihr euch hierzu die aktuellen Werte (z. B. Bounce Rate, Conversion Rate) an und bemerkt hierbei, dass bei einer Landing Page die Werte zu wünschen übrig lassen und nicht ganz auf Zielkurs sind. Die ersten Indizien sind anhand der Daten identifiziert, nun geht es in eine Tiefenanalyse der Kennzahlen dieser Landing Page. Das erste Mittel für den Ansatz der Analyse ist die Erstellung einer Mindmap (digital mit z. B. Freemind (http://freemind.sourceforge.net/wiki/index.php/Main_Page) oder einfach auf ein Stück Pa0pier aufmalen), die die zu beantwortende Fragestellung in den Mittelpunkt der Analyse stellt. Die Äste füllt ihr nun nach und nach mit den verschiedenen Einflussfaktoren für diese Landing Page. Für den Screenshot habe ich euch beispielhaft eine Mindmap erstellt.
Die reine “What Analyse” ist aber für die Analyse der Landing Pages nicht der Weisheit letzter Schluss und kann ohne den Blick auf die “Why Analyse” dazu führen, dass auf Basis des reinen Zahlenmaterials falsche Entscheidungen gefällt werden. Um bei dem praktischen Beispiel der Landing Page zu bleiben, sieht ein Entscheidungsprozess in vielen Unternehmen häufig so aus: Der Webanalyst analysiert die Landing Pages und stellt diese den jeweiligen Anspruchsgruppen (Sales, Marketing usw.) vor.
In der Gruppe entsteht nun ein angeregte Diskussion über die vorgestellten Zahlen und die Schlussfolgerung aus der Diskussion ist, dass das Design der Landing Page komplett geändert werden muss. Der Webanalyst versucht noch einmal darauf hinzuweisen, dass erst eine qualitative Analyse die endgültige Erkenntnis über das mögliche Handeln bringt, dieses verpufft aber innerhalb der Diskussion. Das Meeting wird beendet und die beschlossene Änderung wird mit viel IT- und Design-Aufwand durchgeführt und für den Live-Betrieb bereitgestellt.
In der nächsten Woche wird wieder ein Blick auf die Zahlen geworfen, doch geschockt stellt die Runde fest, dass die Zahlen sich trotz der Änderung negativ entwickelt haben. Spätestens jetzt sollte sich dieses Unternehmen mit der “Why Analyse” auseinander setzen und den Einsatz der qualitativen Methoden prüfen. In dem jetzt folgenden Teil des Artikels werde ich euch eine Übersicht der verfügbaren “Why Werkzeuge” geben und anhand eines Beispieles erklären, wie die “Why Analyse” zusammen mit der “What Analyse” zu einer effizienten Optimierung der eigenen Seite und Landing Pages führen kann.
Nachdem die Frage “Was ist eigentlich auf der Webseite los?” beantwortet ist, muss nun noch durch eine qualitative Analyse letztendlich festgestellt werden, warum das Problem auftritt. Mit dieser Analysemethodik soll herausgefunden werden, was eigentlich hinter den Zahlen steckt und wie dieses aufgrund von aktivem oder passivem User-Feedback optimiert werden kann.
Bei der “Why Analyse” gibt es einige Methoden, auf die ich hier nicht im einzelnen eingehe, denn dieses würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Nach der Auflistung erkläre ich euch gleich noch einmal, anhand eines Beispieles, wie ihr die “Why Analyse” bzw. eines der Mittel in Verbindung mit der “What Analyse” zum Einsatz bringen könnt. die folgenden Methoden der qualitativen Analyse könnt ihr für die “Why Analyse” zum Einsatz bringen (Ergänzungen könnt ihr gerne per Kommentar hinterlassen):
Mit dieser kleinen Liste habt ihr jetzt erst einmal ein paar Anreize, welche Methoden ihr bei der qualitativen Analyse eurer Webseiten einsetzen könnt. Anhand eines praktischen Beispiels zeige ich euch nun, wie die “What und Why Analyse” zusammen wirken können.
Bei einer Trichter Analyse (“What”) in eurem Webanalyse Tool stellt ihr fest, dass die Abbruchraten des neu integrierten Formulars in Schritt x des Checkout Prozesses einfach zu hoch sind, nicht dem Zielwert entsprechen und euch somit die letztendliche Conversion Rate bzw. den Gesamtumsatz vermasseln. Ihr schaut euch nun im Webanalyse Tool verschiedene Daten an, es gibt aber weder Hinweise auf Fehler in bestimmten Browser oder Marketing Kanäle, kurz gesagt ihr seid gerade ratlos.
Um diese Situation jetzt qualitativ zu analysieren, setzt ihr Clicktale ein, welches ein paar User Videos für diesen Prozess generiert. Nach ein paar Tagen habt ihr einige Videos gesammelt, ihr schaut euch diese jetzt an und stellt dabei fest, dass die User beim dem neu integrierten Kalender (den jeder gefühlt als die beste Variante für den User bewertete) für die Auswahl des Geburtsdatums aufhören ihre Daten einzugeben.
Ihr ändert nun das Datumsfeld in eine andere Variante, z. B. in ein einfaches Eingabefeld (Empfehlung: erst per A/B Test integrieren und die Testdaten miteinander vergleichen!), analysiert eine Woche später die Daten des Checkout Prozesses und siehe da, die Abbruchrate ist gefallen.
Alleine mit den Zahlen der Webanalyse hättet ihr in diesem Beispiel keine Lösung gefunden (naja, möglicherweise mit Formulartracking oder einem geschickt eingesetzten Event Tracking (http://ganalyticsblog.de/analytics-features/event-tracking-in-google-analytics/), die Integration der qualitativen Analyse brachte euch hier aber schnell zu einem guten Ergebnis.
Das reine Zahlenwerk bringt nicht immer die Lösung, sondern deckt in den meisten Fällen erst einmal die Optimierungspotenziale einer Website oder Landing Page auf. Um den Problemen auf die Spur zu kommen, muss das reine Zahlenwerk durch das aktive (z. B. bei einem Labortest) oder das passive User Feedback (z. B. aufgezeichnetet User Videos im Live Betrieb) angereichert werden. Genau so muss es anders herum geschehen, denn auch jegliche geplante Usability-Optimierungen sollten vorab per A/B oder multivariatem Test und den dazugehörigen Webanalyse-Daten verifiziert werden. Man kann die quantitativen und qualitativen Methoden isoliert einsetzen, doch nur die Kombination führt zu einer effizienten Analyse und Steigerung der Conversions.