Im September 2010 erschien unter großem Beifall der kritischen Netzgemeinde die iPad App der Frankfurter Rundschau, im April 2011 schickte dann auch die FAZ ihre iPad App in den Ring. Wir haben unseren Vortrag zum Thema 'iPad User Experience' bei der IA Konferenz in München zum Anlass genommen, diese beiden Apps einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Hübsch geht anders! – 1:0 für die FR
Wer die App der FAZ öffnet, sieht: Die FAZ. So, wie sie auch am Kiosk steht, nur kleiner. Das freut den Puristen, enttäuscht aber denjenigen, der die 16,7 Millionen Farben seines iPads gerne im Einsatz sieht. Die FR hingegen setzt auf hochwertige Bilder und medienkonforme Seitengestaltung. Dies weckt bei den Testpersonen bereits auf den ersten Blick deutliches Nutzungsinteresse und die Bereitschaft, sich auf eine vielversprechende Reise durch die Nachrichtenwelt zu begeben.
Im Ersteindruck damit ein klares 1:0 für die FR.
Wer die Grundzüge der Tochscreen-Navigation wie zoomen und blättern kennt, kann bei der FAZ direkt mit der Lektüre beginnen. Und wen das dauerhaft notwendige ein- und auszoomen nicht abschreckt, der fühlt sich bei der FAZ auch während der ersten Lektüre gut aufgehoben.
Bei der FR hingegen ist die Orientierung deutlich schwieriger: Die klare Strukturierung der Inhalte erlaubt zwar allen Testpersonen einen spontanen Einstieg in einen der Themenbereiche, dafür haben fast alle nach dem dritten Tippen das Gefühl dafür verloren, wo in der App sie sich nun befinden.
Ein Punkt für die FAZ in Hinsicht auf die erste Orientierung.
Wo bitte geht’s zum Sport? – 2:1 für die FR
Nach kurzer Nutzung explorieren alle Testpersonen von sich aus die Möglichkeiten, sich gezielt zu bestimmten Themenbereichen zu informieren bzw. gezielter zu navigieren. Dies funktioniert nach kurzem 'trial & error' bei der FAZ recht gut: Die - wenigen - Navigationsmöglichkeiten werden verstanden und weitgehend problemlos genutzt.
Die FR hingegen fordert die die Testpersonen hierbei deutlich stärker: Auf die Schwierigkeit, die Navigation überhaupt aufzufinden folgt die Herausforderung, die Inhaltsübersicht sowohl inhaltlich als auch funktional zu verstehen. Dies dauert im Vergleich zwar etwas länger als bei der FAZ, bereitet aber dabei deutlich mehr Freude.
In Hinsicht auf 'Orientierung für Fortgeschrittene' und 'Joy of Use' ein Punkt für die FR.
Wer bei der FAZ des zoomens und scrollens müde ist, kann die (PDF-basierten) Artikel auch als Textansicht öffnen. Dies hat den Vorteil, dass die Spaltenlänge sich an der Displaygröße des iPads orientiert womit der Lesefluss deutlich verbessert wird. Eine zusätzliche Navigationsleiste ermöglicht darüber hinaus das Blättern durch alle in Textansicht verfügbaren Inhalte. Damit sind die Möglichkeiten der App jedoch auch weitgehend erschöpft.
Wem bei der FR der Sinn nach mehr Information steht, der hat zunächst schlechtere Karten: Die App hat gegenüber der Printausgabe einen deutlich geringeren Umfang. Dafür bietet sie die Möglichkeit, durch Bildergalerien zu blättern oder das Video- und Audiomaterial zu nutzen, das bei einigen Themen integriert ist.
Fazit
Alle Testpersonen ziehen nach der umfassenden Nutzung Resümee, wie es in unseren regelmäßigen Quick Experience Checks oder auch den umfassenden User Experience Tests in dieser Übereinstimmung nicht allzu häufig auftaucht:
Wir für unseren Teil freuen uns über unseren Ausflug in den Zeitungsteil der App-Welt, werden uns aber wohl auch in Zukunft weiter auf die Printversion unserer Tageszeitungen im Briefkasten freuen. Denn wie unsere Testpersonen müssen auch wir feststellen: Als Variante für unterwegs stellen die Apps eine probate Alternative zur Printversion der Zeitungen dar. Aber als Frühstücksbegleitung und zum Ausblenden morgendlicher S-Bahn Mitfahrer ist eine echte Zeitung eben doch noch immer am besten geeignet.